3. Analog und digital – theoretische Grundlagen

Vermutlich bist Du bei Deiner Suche nach Funkmikrofonen bereits über die Begriffe "analog" und "digital" gestolpert. Wie eine Funkübertragung grundsätzlich funktioniert, worin sind analoge und digitale Systeme unterscheiden und welche Vor- und Nachteile sich in der Praxis ergeben, darum geht es in diesem Kapitel.

Wie Funk funktioniert

Eine Funkübertragung basiert auf elektromagnetischen Wellen im Frequenzbereich der Radiowellen. Anders als Schallwellen, benötigen elektromagnetische Wellen kein Medium als Träger und benötigen im Vergleich zu Schall nur einen Bruchteil der Leistung für die gleiche Reichweite. Zudem breiten Sie sich mit Lichtgeschwindigkeit erheblich schneller aus. Tatsächlich sind Radiowellen mit sichtbarem Licht vergleichbar, sie liegen lediglich in einem niedrigeren Frequenzspektrum und bieten daher vorteilhaftere Eigenschaften hinsichtlich Schattenwurf und Objektdurchdringung.

Es ist allerdings nicht damit getan, Audiosignale breitbandig in elektromagnetische Wellen umwandeln. Würde man dies tun, dann wäre es so, als würden alle gleichzeitig in einen Raum hineinrufen. Man versteht nicht mehr gefiltert denjenigen, den man eigentlich verstehen möchte. Damit ein gesendetes Signal beim richtigen Empfänger ankommt, bedient man sich eines Tricks: Man setzt das zu übertragende Signal (analog oder digital) als Modulator quasi huckepack auf eine hochfrequente Sinusschwingung, der sog. Trägerfrequenz. Der zugehörige Empfänger, der auf exakt diese Trägerfrequenz eingestellt ist, empfängt nun ausschließlich dieses Signal und muss es nur noch demodulieren. Der Umweg über spezifische Trägerfrequenzen ist somit überhaupt erst der Schlüssel zur mehrkanaligen Funkübertragung.

Senden und empfangen auf mehreren Trägerfrequenzen
Senden und empfangen auf mehreren Trägerfrequenzen

Analoge Systeme und das Rauschen

Analoge Funksysteme nutzen immer das Prinzip der Frequenzmodulation (FM).

Prinzip der Frequenzmodulation (FM)
Prinzip der Frequenzmodulation (FM)

Hierbei moduliert das niederfrequente Audiosignal eine hochfrequente Trägerfrequenz derart, dass sich die Frequenz des Trägers abhängig vom Audiosignal stetig minimal verändert. Man stellt also am Sender eine gewisse Frequenz in MHz ein, doch in Wirklichkeit variiert diese Frequenz leicht und belegt somit auch einen Teil des benachbarten Frequenzspektrums. Um die Beeinflussung der Nachbarfrequenzen im Rahmen zu halten, gibt es eine Begrenzung der maximalen Auslenkung. Dieser sog. Frequenzhub darf bei zugelassenen Funkmikrofonen nicht höher als ±50 kHz ausfallen. Und das ist der klangliche Flaschenhals. Die zu übertragende Dynamik wird durch diese Begrenzung so weit eingeschränkt, dass eine anspruchsvolle Audioübertragung nur dann noch möglich ist, wenn das Signal zuvor komprimiert und empfängerseitig wieder expandiert wird. Die sog. Kompander (Kompressor/Expander) kommen hier ins Spiel.

Frequenzhub um ±50 kHz
Frequenzhub um ±50 kHz

Hinzu kommt, dass wir nahezu überall von elektromagnetischen Störsignalen umgeben sind, welche sich ungehindert auf das analoge Funksignal legen, dieses verrauschen und mit zunehmender Distanz irgendwann die Oberhand gewinnen. Das Knowhow der Hersteller und die Qualität der Filter und Kompander sind entscheidend dafür, dass klangliche Beeinträchtigungen, Pumpeffekte und Rauschfahnen so gering wie möglich ausfallen. Ganz verhindern lassen sich diese Effekte nie. Es erstaunt dennoch immer wieder, wie präzise hochwertige Analogsysteme trotz der widrigen Umstände das Audiosignal übertragen können. Nicht selten spielgelt sich jedoch die Qualität im Preis wieder.

Digitale Systeme und die Latenz

Bei digitalen Funksystemen werden die Audiosignale im Sender digitalisiert, in der Datenmenge im unhörbaren Bereich reduziert (ähnlich MP3) und wiederum auf einen hochfrequenten Träger moduliert. Wenngleich es unterschiedliche Verfahren der Modulation nach Amplitude, Frequenz oder Phase gibt, haben sie eines gemeinsam: Der Flaschenhals "Kompander" entfällt.

Amplitude / Frequency / Phase Shift Keying, Modulation der Amplitude, Frequenz oder Phase
Amplitude / Frequency / Phase Shift Keying, Modulation der Amplitude, Frequenz oder Phase

Das empfangene Signal entspricht zu 100% dem gesendeten Signal. Störquellen existieren zwar weiterhin, sie können auch die Reichweite reduzieren, aber sie haben keine klangliche Auswirkung. Die digitalen Nullen und Einsen kommen an oder sie kommen nicht an. Bei zunehmender Distanz zwischen Sender und Empfänger wird das das Signal irgendwann still abreißen, aber eben nicht rauschen. Da digitale Empfänger außerdem die Trägerfrequenzen von Intermodulationen unterscheiden können, gelingt es hier, deutlich mehr Kanäle in einem Frequenzband unterzubringen als dies mit analogen Systemen möglich wäre.

Trotz der verlustfreien Funkübertragung gibt es auch bei digitalen Systemen kleinere Klangverluste. Diese entstehen nicht bei der Funkverbindung selbst, sondern davor und danach durch analoge Komponenten und die AD/DA-Wandlung. Die Verluste fallen jedoch vergleichsweise gering bis bestenfalls unhörbar aus. Besonders im preisgünstigen Segment kommt ein analoges System nicht an den Frequenzgang und die klangliche Reinheit eines digitalen Systems heran. Digitale Systeme selbst unterscheiden sich u. a. in den Kodierungsverfahren, im Frequenzmanagement und in der Qualität der Komponenten, was sich in unterschiedlich hoher Zuverlässigkeit, maximaler Anzahl und sicher auch ein wenig im Klang äußert.

Ein weiterer Vorteil, den nur digitale Systeme bieten können, ist die mögliche Verschlüsselung des Signals. Bei abhörsensiblen Anwendungen sollte man auf dieses Feature achten.

Einen Nachteil haben jedoch alle digitalen Funksysteme: die Latenz.

Latenz
Latenz

Zwischen Eingang am Sender und Ausgang am Empfänger vergeht je nach Fabrikat und Übertragungsmodus eine Zeit von ca. drei bis sieben Millisekunden. Um ein Gefühl für diese kurze Zeitspanne zu bekommen: Das entspricht dem Flügelschlag einer Honigbiene, dem zwanzigstel eines Wimpernschlags oder in etwa der Zeit, die der Schall von einem Floormonitor bis zu Ihrem Ohr braucht. Eine Latenz von unter 10 ms wird von den meisten Menschen als nicht wahrnehmbar beschrieben. Die Verzögerung kann jedoch schnell einen kritischen Wert überschreiten, wenn sich weitere Latenzen z. B. durch digitale Mischpulte und Lautsprechercontroller addieren.

Hatten wir von nur einem Nachteil gesprochen? Es gibt noch einen zweiten. Der betrifft jedoch nicht pauschal alle digitalen Systeme, sondern nur diejenigen, welche auf den typischen WLAN-Frequenzen 2.4 GHz und 5 GHz funken. Diese Frequenzen sind allseits beliebt und leider entsprechend störanfällig. Professionelle Digital-Systeme nutzen die gleichen Frequenzbereiche wie ihre analogen Pendants.

Zusammenfassung

Vereinfacht könnte man sagen, dass digitale Systeme besser klingen und bis auf die Latenz fast nur Vorteile bieten. Der größte Nachteil ist die Störanfälligkeit der günstigeren Systeme in den GHz-Frequenzen. Das Beste aus beiden Welten bieten digitale Systeme im VHF- oder niedrigerem UHF-Spektrum. Wobei wir bei der perfekten Überleitung zur nächsten Seite wären. Da dreht sich nämlich alles um Funkfrequenzen.

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